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Get the appDie Geschäftsführer, Robert Fritzsche und Helmut Batscheider, bekennen sich zum Standort im Oberallgäu. Im Interview sprechen sie über neue Arte des Bauens und die Krise in der Baubranche.
Seit Februar 2024 haben Helmut Batschelder (rechts) und Robert Fritzsche die Geschäftsführung übernommen. Beide Geschäftsführer aus der Region Oberallgäu sind seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen.
Robert Fritzsche: Im Unternehmen hat mich nichts überrascht. Aber überraschend war, dass der Markt im vierten Quartal 2023 so massiv eingebrochen ist, wie wir es noch nie erlebt haben. Das hat uns schon sehr beschäftigt: Die Unsicherheit, ob es so bleibt oder wieder anzieht.
Helmut Batscheider: Im vergangenen Jahr wurden 263.000 Wohneinheiten in Deutschland fertiggestellt und wir werden in diesem Jahr bei 198.000 Wohneinheiten liegen, heißt rund 25 Prozent weniger. Diese Dimension des Rückganges - natürlich durch die hohen Baukosten und die sehr zurückhaltende Investitionsbereitschaft – konnte keiner prognostizieren.
Batscheider: Das hat uns schon bewegt. Aber wir sind im Unternehmen sehr gut aufgestellt. Denn der klassische Wohnbau ist das eine. Unsere große Stärke ist traditionell der Bereich der Sanierung. Im Bereich Bauen im Bestand sind wir gut positioniert und dieser ist noch stabil. Deswegen können wir es sehr gut ausbalancieren und kommen so wirklich gut durch diese bewegte Zeit.
Batscheider: Stand heute Nein, unser Unternehmen ist aus der Geschichte heraus sehr stark in der Sanierung - das war schon bei Bayosan und der Familie Wachter so. Der Schwerpunkt lag auf Sanierputzen und Bauen im Bestand. Das ist traditionell, neben der energetischen Sanierung - auch bei Baumit - die wichtigste Säule, die wir haben. Es war uns aber immer wichtig, breit aufgestellt zu sein, sodass wir auf mehreren Füßen stehen, auch wenn sich ein Bereich mal nicht so gut entwickelt.
Batscheider: Wir haben uns bereits seit mehreren Jahren deutlich stärker auf den Bereich serielles Bauen konzentriert. Wir merken in Deutschland, dass es durch den Arbeitskräftemangel immer wichtiger wird, in die Vorfabrikation zu gehen. Das Bauen muss schneller und effizienter werden, was die Fertigstellung angeht, weil die Baupreise gerade sehr hoch sind, vor allem im klassischen Ein- und Mehrfamilienhausbau.
Batscheider: Bei diesen Fabrikationen benötigt man deutlich weniger Personal, da sehr viel mit Maschinentechnik gefertigt wird. Es gibt Module, die maschinell beschichtet werden, anschließend trocknen sie aus und werden an die Baustelle ausgeliefert. Das ist natürlich im ganzen Prozess wesentlich schneller und effizienter.
Batscheider: Der Bereich entwickelt sich derzeit besser als der klassische Neubau. Da das Bauen von Einfamilienhäusern momentan so teuer ist, können es sich viele Menschen nicht mehr leisten.
Es wird mehr in den Bestand investiert. Wir hören immer öfter die Aussage: ich kann mir einen Neubau nicht leisten, also mache ich es mir wieder zuhause schön.
Hier merken wir, dass die Nachfrage deutlich angestiegen ist. In diesem Segment legen auch deutlich zu. Ebenso wie die Baustoffhändler, die den Endkunden bedienen.
Fritzsche: Der Trend besteht eigentlich schon seit Corona und ist nach wie vor ungebrochen, wie man auch an den Zahlen sieht.
Fritzsche: Das ist ein ganz wichtiger Indikator für uns: Alles, was genehmigt wird, wird später gebaut. Damit kann man rechnen - mit einem Zeitversatz von sechs bis zwölf Monaten. Wenn die Bauge-nehmigungen wieder nach oben gehen, wissen wir, dass zwischen einem halben und einem Jahr auch die Fertigstellungen - und damit die Umsätze wieder nach oben gehen.
Batscheider: Leider sind die Baugenehmigungen im letzten Jahr noch einmal deutlich nach unten gegangen und pendeln sich aktuell mit einem leichten Minus ein. Momentan sieht es so aus, dass die Entwicklung nicht mehr ganz so stark nach unten geht, die Talsohle ist wohl erreicht.
Batscheider: Die Talsohle bei den Genehmigungen ist wie gesagt erreicht, im nächsten Jahr werden wir uns noch einmal nach unten bewegen, was dann die Fertigstellungen betrifft.
Wir werden beim Wohnbau bundesweit erneut mit rund 7000 Wohneinheiten weniger rechnen müssen. Der Grund ist ganz klar die hohen Baupreise und die Inflation.
Fritzsche: Hohe Zinsen sind ein weiterer Punkt. Leider trägt die Verunsicherung, durch die Politik zusätzlich befeuert, dazu bei: Beispielsweise durch das Heizungserneuerungsgesetz und den Wegfall von Förderungen. Das alles hat dazu beigetragen, dass Bauherren und Investoren verunsichert waren - und die Nachfrage deutlich eingebrochen ist.
Batscheider: Sie sind eine stabile Säule. Der Staat investiert in den öffentlichen Bau - speziell in Schulen und Kindergärten und das merken wir auch. Hier steigen bundesweit die Investitionen. Darauf haben wir unsere Vertriebsorganisation ausgerichtet, um möglichst nah an den Vergabeverfahren zu sein.
Fritzsche: Das ist das Tragische in der Situation: Die Nachfrage nach Wohnraum ist da. Und das passt überhaupt nicht mit den Zahlen von Fertigstellungen und Baugenehmigungen zusammen. Der Bedarf ist ungebrochen. Hier muss unbedingt etwas geschehen, fehlender Wohnraum birgt wirtschaftlichen und sozialen Sprengstoff.
Batscheider: Zahlen besagen, dass in Deutschland 800.000 Wohneinheiten fehlen. Desto weniger gebaut wird, je mehr Wohnungen fehlen. Also muss es in den nächsten Jahren Nachholeffekte geben - im klassischen Wohnbau und im sozialen Wohnungsbau.
Fritzsche: In Bad Hindelang hat das Unternehmen seine Wurzeln. Die Deutschland-Zentrale ist in Hindelang und es ist und war auch nie etwas anderes geplant, auch wenn am sich Standort keine Produktion mehr befindet. An den immer wieder aufflammenden Gerüchten ist nichts dran – der Sitz von Baumit bleibt Bad Hindelang.
Batscheider: Das ist unsere DNA. Wir merken das, wenn die Kunden zu uns kommen. Sie verbinden das Unternehmen Baumit mit dem Allgäu. Man kommt gerne zu uns in die Region - beispielsweise zum Allgäuer Baufachkongress in Oberstdorf. Hier sind wir verwurzelt und das zeigen wir auch nach außen.
Fritzsche: Die Produktionsanlage wurde abgetragen. Ein Büro-Neubau ist geplant. Das Projekt haben wir aber aufgrund der aktuellen Lage derzeit zurückgestellt.
Batscheider: Weiter kam die große Unternehmensintegration von Sakret GmbH und Diessner Farben dazu, beide Firmen haben wir 2022 übernommen. Die anspruchsvolle Aufgabe der Integration müssen wir erst abschließen.
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Batscheider: Wir gehen nach heutigem Stand davon aus, dass es im Jahr 2026 im Bereich des Wohnbaus wieder ein bisschen nach oben geht. Es ist natürlich keine einfache Situation, im nächsten Jahr stehen die Wahlen an und das führt natürlich zu einer Verunsicherung. Positive Signale gibt es nicht im klassischen Neubau, sondern in der Renovierung und Sanierung. Bestandsimmobilien werden tendenziell wieder etwas günstiger. Hier bin ich überzeugt, dass hier stärker investiert wird.
Wir gehen leider nicht davon aus, dass der klassische Wohn-Neubau extrem anziehen wird. Hier werden wir auch 2026 noch weit unter dem Niveau von 2023 liegen.
Fritzsche: Was für alle Bau-Beteiligten wichtig wäre, ist die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren im Sinne einer Entbürokratisierung. Das ist in der aktuellen Situation ein weiteres großes Hemmnis. Wir haben gerade selbst bei unserem Neubau miterlebt, welche Auflagen von verschiedensten Seiten auf einen Bauherrn zukommen - und wenig koordiniert erscheinen. Das verteuert das Bauen natürlich extrem.
Batscheider: Was wirklich kommen muss, ist eine Vereinfachung der Bauprozesse. Weiterhin ist wirklich zu überlegen, ob man in Deutschland immer nach dem höchsten Standard bauen muss - oder ob nicht auch etwas kostengünstigere Varianten zugelassen werden, um die Entwicklung wieder etwas anzuschieben. Da muss die Politik Grundsatzentscheidungen treffen.
Fritzsche: Wir dürfen unsere Ziele in Deutschland nicht aus den Augen verlieren. Unsere Klimaziele können wir nur erreichen, wenn wir die sanierungsbedürftigen Gebäude angehen. Wenn man das verhindert, indem man die Anforderungen hochschraubt, ist es sicher der falsche Ansatz.
Seit Februar 2024 haben Helmut Batscheider und Robert Fritzsche die Geschäftsführung übernom-men. Beide Geschäftsführer aus der Region Oberallgäu sind seit mehr als 20 Jahren im Unter-nehmen. Helmut Batscheider begleitet Baumit bereits seit seiner Ausbildung und verantwortet die Bereiche Vertrieb, Produkttechnik, Marketing, Logistik.
Robert Fritzsche verantwortet die Bereiche Produktion, Finanzen, Personal, Einkauf, IT, Prozesse.
Baumit beschäftigt im Bundesgebiet an 16 Standorten etwa 970 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Baumit sowie Sakret GmbH und Diessner). Davon rund 220 am Standort Bad Hindelang.
Insgesamt 23 Auszubildende / duales Studium, davon 12 in Bad Hindelang.
Ausbildungsberufe: Industriekaufleute, Büromanagement, Marketingkommunikation, Wirtschaftsinformatik, Baustoffprüfer, Lagerlogistik, Verfahrensmechaniker, Elektroniker.
Zum Kundenstamm zählen Händler, Fachhandwerker, Architekten, Planer und Wohnungswirt-schaftsunternehmen. Mit innovativen Wärmedämm- und Farbsystemen sowie dem Produktprogramm rund um das „Gesunde Wohnen“ setzt Baumit besondere Akzente im Markt und steht für innovative Ideen, qualitativ hochwertige Produkte, Sicherheit und Vertrauen am Bau.
Die Baumit-Group ist ein in Familienbesitz befindliches österreichisches Unternehmen mit Tochterfirmen in 23 Ländern. 2023 erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro. Zusammen mit den Unternehmen Austrotherm, Murexin und weiteren gehört Baumit zur Schmid Industrieholding, die im gleichen Zeitraum mit insgesamt 6.860 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,38 Milliarden Euro erwirtschaftete.